Samstag, 3. Juni 2006

Ruf! mich! nicht! an!


Warum ich keine Hotline für Telefonsex bin...
Als junge Mutter mit einem Neugeborenen, das unter Dreimonatskolliken litt, war ich ziemlich genervt. Denn das eigentlich so süße Baby war nur ein süßes Baby, wenn ich es auf dem Arm herumschleppte.
Damals habe ich die einarmige Küchen- und Haushaltsmaschine entwickelt, nämlich mich. Das Baby auf dem Arm, an der Brust oder locker über die Schulter geworfen, erledigte ich alles.
Schwierig wurde es nur, wenn das Telefon klingelte.
Vor 20 Jahren gab es noch keine Homehandys, die man locker in die Tasche stecken konnte. Man musste dorthin, wo der Apparat stand, egal ob man sich gerade in der Badewanne oder vor dem Wickeltisch befand. So wie ich, als mein Telefon klingelte.

„Guten Tag, ich rufe wegen dem Telefonsex an“, sagte eine Männerstimme.
„Sie müssen sich verwählt haben“, sagte ich freundlich, während mein Winzling engelhaft lächelte. Ich legte kopfschüttelnd auf. „Telefonsex bei uns? Was denkt der sich..?“

Der nächste Anruf ging drei Minuten später ein. Ein anderer Mann. „Hallo, sind Sie die Dame mit dem Telefonsex?“
„Nein! Verwählt!“
Ich kam gar nicht mehr zurück zum Wickeltisch, denn das Telefon klingelte erneut. Und wieder. Und wieder. Und wieder.

Beim zehnten Anruf setzte mittlerer Verfolgungswahn bei mir ein.
„Woher haben Sie diese Nummer?“, fragte ich genervt.
Klick, wurde aufgelegt. Auch immer wieder.

Vielleicht war es der Zwanzigte („Guten Tach, is da der Tellefonsechs?“), der mit der Information herausrückte, er hätte die gewählte Nummer aus dem Express.

Zack, das Kind in den Kinderwagen gepackt und rasch den Express gekauft.
Zwei Seiten umfassten die Angebote der Rubrik, wobei es damals noch keine 0190er Hotlines gab.
Lolita, 19, will dir stöhnend heiße Stunden bereiten? Susi, 23, blond, vollbusig, Kosmetikerin, obere Klingel?
Viele Nummern von akustischen Freudenspenderinnen begannen wie meine, aber die meine war nicht dabei.

Nun musste ich nicht lange auf den nächsten Anruf warten. Ich konnte quasi neben dem Telefon sitzen bleiben, das quäkende Baby auf dem Schoß.
Der nächste, der anrief, wollte aber keinen Telefonsex. Er wollte ein Callgirl und hatte meine Nummer aus einem Sex-Magazin, das ‚weekend’ oder ähnlich hieß.
„Es muss ein Druckfehler sein...“, erklärte ich ihm, jetzt völlig geplättet. Doch er ließ sich kaum abwimmeln. Meine Stimme sei so erotisch, ob ich für ihn nicht mal eine Ausnahme machen könne? Normale Hausfrauen seien meistens netter als Professionelle...

Ihhhh! Nein!!!

Langsam fragte ich mich, ob der männliche Verstand wirklich so im Eimer sein kann, wenn nur der Schwanz steht. Würde irgendeine Frau auch nur den Hauch eines Gedankens an Sex verschwenden, solange ein Baby ins Telefon kräht..?

Während ich mit dem Kinderwagen zum Bahnhof eilte, um das einschlägige Magazin zu kaufen, gingen auf meinem Anrufbeantworter muntere Anfragen ein. Meine Telefonnummer fand ich nicht in dem Blättchen, aber ein Mann hatte um Rückruf gebeten.
Ich frohlockte! Vielleicht würde ich da eine Adresse bekommen, bei der ich mich beschweren konnte?
Doch unter der Rufnummer, die der Mann hinterlassen hatte, meldete sich ein bayerisches Versehrtenheim.

So habe ich nie erfahren, wo der Druckfehlerteufel zugeschlagen hatte. Gut zwei Monate überfiel mich der blanke Horror, sobald mein Telefon klingelte. Schließlich wurden die Anrufe weniger und hörten dann ganz auf. Alles wurde wie früher.
Ja - früher hatten ständig nur Karstadt-Kunden bei mir angerufen, die zwei Zahlen verdreht hatten. Das passiert auch heute noch, mindestens drei Mal die Woche.
Ach, Sie kennen mich..? Ja, ich bin die freundliche Dame, die die Telefonnummer von Karstadt auswendig weiß.
Aber ‚Tellefonsechs’ gibt’s bei uns nach wie vor nicht...

Amateure live!

Aktuelle Beiträge

Ruf! mich! nicht! an!
Warum ich keine Hotline für Telefonsex bin... Als...
tobex - 3. Jun, 03:00

Amateur Links

Status

Online seit 6593 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 3. Jun, 03:00

Amateur Credits


Telefonsex
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren